Arbeitsrecht – Regelungen für Selbstständige
Was versteht man unter arbeitnehmerähnlicher Selbstständigkeit?
Der Begriff mag zunächst für ein wenig Verwirrung sorgen. Daher sei vorab erwähnt, dass es sich bei arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen, anders als bei Scheinselbstständigen, laut Arbeitsrecht um richtige Selbstständige handelt. Eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit ist durch folgende Kriterien gekennzeichnet:
- Der arbeitnehmerähnliche Selbstständige ist nicht weisungsgebunden und frei in seinen Entscheidungen.
- Arbeitszeit- und Arbeitsort sind frei wählbar.
- Die Gewerbeanmeldung ist ordnungsgemäß erfolgt (Ausnahme: Freiberufler).
- Der arbeitnehmerähnliche Selbstständige ist dauerhaft und überwiegend für einen einzigen Auftraggeber tätig.
- Mit der Tätigkeit für einen einzigen Auftraggeber werden mindestens 5/6 des Umsatzes erzielt.
- Der arbeitnehmerähnliche Selbstständige hat keine sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeiter.
Wie sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige laut Arbeitsrecht zu behandeln? Stichwort: Sozialversicherungspflicht
Arbeitnehmerähnliche Selbstständige unterliegen im Gegensatz zu anderen Selbstständigen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung besteht jedoch keine Beitragspflicht. Der Beitrag zur Rentenversicherung ist einzig vom arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen abzuführen, der Auftraggeber hat keinerlei Beiträge zu leisten. Manche Existenzgründer nutzen die gegebene Möglichkeit, sich in den ersten drei Berufsjahren von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Danach wird der Beitrag jedoch fällig.
Im Zweifelsfall sollte ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren nach » § 7a SGB IV erwogen werden. Auf diese Weise wird der korrekte Sozialversicherungsstatus ermittelt, was sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer die notwendige Rechtssicherheit bietet. Das Statusfeststellungsverfahren kann von beiden Parteien auf Wunsch bei der zuständigen Klärungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragt werden.
Welche Regelungen des Arbeitsrechts finden bei arbeitnehmerähnlicher Selbstständigkeit Anwendung
Kennzeichnend für die arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit ist, dass der Selbstständige seinen Umsatz größtenteils durch die Tätigkeit für einen einzelnen Auftraggeber erwirtschaftet. Aufgrund dieser Tatsache lässt sich eine wirtschaftliche Abhängigkeit ableiten, aus welcher sich wiederum besondere Regelungen ergeben. Eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit geht nicht selten mit einer sozialen Schutzbedürftigkeit einher. Aus diesem Grund finden gewisse arbeitsrechtliche Regelungen, wie das Arbeitsgerichtsgesetz und das Bundesurlaubsgesetz, Anwendung. Das Entgeltfortzahlungsgesetz im Krankheitsfall greift für arbeitnehmerähnliche Selbstständige jedoch nicht. Selbiges gilt für die Kündigungsfristen.
Arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit und Arbeitsrechtsschutz – was gilt es zu beachten?
Zum Thema Arbeitsrechtsschutz und arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit wird die nähere Betrachtung von § 14 des AEntG interessant. Entsprechend § 14 Satz 1 AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer zu Dienstleistungs- oder Werkzwecken beauftragt, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers. Letzteres gilt auch für einen Nachunternehmer oder für einen beauftragten Verleiher zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmern. Mit dem Mindestentgelt ist der Betrag gemeint, der nach Abführung der Beiträge zur Sozialversicherung sowie nach Steuerabzug übrig geblieben ist (=Nettoentgelt).
Ist die arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit nur Einzelunternehmern vorbehalten?
Tatsächlich findet man die arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit häufiger bei Einzelunternehmern und Freiberuflern. Allerdings können auch Gesellschaften den Status einer arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit erlangen, sofern sie größtenteils für denselben Auftraggeber tätig sind. Für die Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft besteht somit Beitragspflicht zur Rentenversicherung. Im Grunde genommen sind lediglich zwei Kriterien zu prüfen, um festzustellen, ob eine Gesellschaft als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger agiert. In erster Linie ist die Anzahl der Auftraggeber entscheidend. Gibt es nur einen regelmäßigen Auftraggeber, ist die Sachlage eindeutig. Darüber hinaus spielt das Vorhandensein von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeitern eine Rolle. Sind letztere in der Gesellschaft beschäftigt, entfällt die Beitragspflicht zur Rentenversicherung für die Geschäftsführer der Gesellschaft.
Wie lässt sich Selbstständigkeit von Scheinselbstständigkeit abgrenzen?
Wenn eine Einzelperson oder eine Gesellschaft vorgibt, selbstständig zu sein, die Tätigkeit aber in Wahrheit alle Kriterien eines Angestelltenverhältnisses erfüllt, spricht man von Scheinselbstständigkeit. Bei letzterer handelt es sich um eine Form von Steuerbetrug und Schwarzarbeit. Schließlich werden auf illegale Weise Sozialversicherungsbeiträge eingespart, die bei der ausgeübten Tätigkeit normalerweise vom Arbeitgeber abgeführt werden müssten. Scheinselbstständigkeit lässt sich von echter Selbstständigkeit anhand folgender Kriterien differenzieren:
- Scheinselbstständige verfügen über keine eigenen Geschäftsräume, sondern sind dauerhaft in den Räumlichkeiten bzw. am Firmensitz des Auftraggebers tätig.
- Scheinselbstständige dürfen über ihren Arbeitsort und ihre Arbeitszeit nicht frei entscheiden. Sie sind dem Auftraggeber weisungsgebunden.
- Scheinselbstständige tragen keinerlei unternehmerisches Risiko, da sie wie Angestellte agieren.
- Die Arbeit der Scheinselbstständigen unterscheidet sich nicht von der Tätigkeit der übrigen Festangestellten des Auftraggebers.
- Scheinselbstständige betreiben keinerlei Auftragsakquise oder Marketing für sich selbst. Ihre einzige Einkommensquelle ist die Tätigkeit für den Auftraggeber.
Treffen die oben genannten Kriterien zu, könnte es sich um Scheinselbstständigkeit handeln. Dies muss jedoch immer im Einzelfall geprüft werden.
Wie kann man als Arbeitgeber Scheinselbstständigkeit verhindern?
Wird Scheinselbstständigkeit aufgedeckt, drohen hohe Bußgelder, die unter Umständen für den Auftraggeber, der eigentlich als Arbeitgeber agiert, existenzbedrohlich sein können. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Nicht immer wird Scheinselbstständigkeit aus böser Absicht praktiziert. Manchmal steckt auch schlichtweg Unwissen über die Regelungen und Konsequenzen dahinter.
Als Arbeitgeber kann man jedoch einiges unternehmen, um (ungewollte) Scheinselbstständigkeit eines Auftragnehmers zu vermeiden:
- Schließen Sie vorab mit dem Auftragnehmer einen Dienstvertrag (keinen Arbeitsvertrag!), in dem festgehalten wird, für welche Tätigkeit welches Honorar gezahlt wird.
- Achten Sie darauf, den Auftragnehmer nicht zu fest in die Arbeitsabläufe des Unternehmens zu integrieren: kein fester Arbeitsplatz, keine Unternehmens-E-Mail-Adresse, etc.
- Der Auftragnehmer sollte Arbeitszeit und -ort frei wählen dürfen und trägt sein unternehmerisches Risiko selbst.
- Vereinbaren Sie, falls nötig, eine Nutzungsgebühr für Arbeitsmittel.
- Für den Auftragnehmer besteht keine Verpflichtung, Ihre Aufträge tatsächlich anzunehmen.
- Er ist außerdem berechtigt, Hilfskräfte einzusetzen und Aufgaben an Dritte zu delegieren.
Die Kriterien für Scheinselbstständigkeit bewegen sich noch immer in einer rechtlichen Grauzone. Aus diesem Grunde kann es als Unternehmer Sinn machen, einen Anwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen und sich beraten zu lassen, bevor man einen arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen beschäftigt. Ist der rechtliche Rahmen geklärt, können beide Parteien von dieser Beschäftigungsform profitieren.
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